Vespa strippen
Das Thema Vespa strippen verdienet bei MuM den Untertitel: Chaos von Bug bis Heck – zumindest für unser PK 50 XL Modell.
Do it Yourself Bücher z.B. der Klassiker „Vespa Motorroller – Alle PK-, PX- und Cosa-Modelle seit 1970„, entsprechende Vespa Foren sowie die zahlreiche Reparaturblogs stehen schnell mit guter Hilfe und detaillierten Infos zur Seite.
Für Einsteiger ist eine Handbuch empfehleswert weil es sauber geordnet und chronologisch aufgearbeitet ist. Es verschafft ein Grundverständniss für das Objekt, welches ursprünglich aus der Fertigungstechnik eines italienischen Flugzeugbauers entwickelt wurde. Währen hingegen in Vespa Foren und Blogs tiefgreifendes Spazialwissen schneller erreichbar ist.
Zauberfaktor Kompression
Hubraum ist alles, aber ohne Kompression ist alles nichts – auch nicht bei einer 50 ccm Vespa PK 50 XL. Und darum sollte zunächst einmal geprüft werden ob es der Motor und der Roller noch Wert sind angefasst und zu werden. Bei unserem Test waren noch 6 Bar Kompression vorhanden. Der untere Rand der Skala also, zu dem sich eine Reparatur überhaupt noch lohnt. Also musste jetzt die Vergasereinstellung mit Geduld und Fachwissen justiert werden – die Stunde des Vergaser Wolf! Als dies einigermassen vollbracht war und der Motor ohne Absterben wieder und vor sich hin tuckerte, stellte sich zum ersten Mal eine kleine Erleichterung und Zuversicht ein: Das Projekt macht Sinn!
Leider hängen Freud und Leid aber nahe beieinander: Als der Motor warmgelaufen war, wollten wir das Getriebeöl „besichtigen“ und haben dieses bei warmem Motor abgelassen. Da schau her: ein Schnapsglas altes Öl kam noch herausgekrochen.
Nach unserer Theorie konnte der geringe Ölstand eventuell die Schaltprobleme erklären und so haben wir erst einmal 250ml frisches Getriebeöl eingefüllt. Nach dem erneuten Ablassen der zweite Schock: Darin wurden jetzt grobe Metallspäne und Dreck mit ausgespült. Hat sich der 3. Gang oder die Kupplung evtl. schon aus Ölmangel selbst zerlegt? Mehr dazu unter unter „Gangverlust“!
Zur Sache Schätzchen
Nicht das die Teile unseres Rollers schon von alleine abgefallen wären! Klebeband fixierte Scheinwerfergläser und lose eingesteckte Rückspiegel lassen sich ehr leicht entfernen. Kniffliger wird es wenn in einem Blinkerglas links eine Schlitzschraube und rechts eine Kreuzschraube eingedreht sind. Genauso wie das Entfernen des Handschufach das mit zwei Schrauben um die Lenksäule fixiert ist. Dumm nur wenn eine Schraube ein metrisches Gewinde besitzt und die andere Schraube eine grobe Holzschraube ist, die sich in das metrische Gewinde fräst. Aber aus das ist geschafft, ab ist ab – wenn man davon absieht das einzelne geklebte Kunststoffteile an der Lenksäule verbleiben weil eine mit GFK verspachtelte Ecke dort guten Halt gefunden hat.
Und so werden Stück für Stück verklebte Randleisten, Rammschutz an Schutzblechen abgefrickelt, abgeschnitten und gelöst um an Motor, Getriebe und Vergaser heranzukommen. Was mal ein gesteckter Clip war ist längst verklebt, verschraubt oder sonstwie fixiert und muss notfalls heruntergeschnitten werden. Lediglich Feuer oder Hitze kamen bei uns bisher nicht zum Einsatz. Eher schon Caramba und andere schraubenlösende Mittel oder kräftige Zangen um vergriesknaddelte Schraubenköpfe zu lösen.
Gangverlust – aus 4 mach 3
Wurde uns die Vespa nicht als 4 Gang Modell verkauft und im Baujahr 1987 hergestellt? Teilweise hatte der Verkäufer recht wenn man auf die Handschaltung des PK50 XL schaut. Eingeprägt sind dort 4 Gänge. Aber im zerlegten Getriebe war leider kein vierter Gang aufzutreiben. Damit war auch das Verkäufer Märchen von der defekten Schaltklaue: „Ein klassisches Problem bei Vespas diesen Alters“ vom Tisch. Die Schaltklaue selbst war tadellos und auch nach dem Reinigen der Kupplung sowie des gesamten Getriebes konnte seltsamerweise keine Beschädigung festgestellt werden.
Bevor wir jedoch am Getriebe angekommen waren erwartette uns ein Schock als wir das Ersatzrad lösten! Dahinter hat doch tatsächlich ein italienischer Self-Made Mechaniker eine ca. 8×15 cm Metallstück aus der Karosserie gestanzt. Genauer gesagt wollte der Idiot die Schrauben des Auspuffs „auf geradem Weg“ erreichen und hat zu diesem Zweck die Karosserie mit einem Metallbohrer perforiert und das Metallstück mit Blechzange und roher Gewalt herausgerissen. Vermutlich hatte er keine Ratsche zur Hand. Geht zwar, schaut aber halt Scheisse aus – und ist nicht notwendig wenn man ein Reparaturbuch besitzt und dieses lesen kann – Bravo bravissimo!
Vespa Kabelbaum
Italienischer Salat – Kabelsalattrifft ungefähr das was wir an allen Stellen mit elektrischen Leitungen, Kabeln, Zügen und Durchführungen gesehen haben. Von der Lichtmaschine weg waren Isolierungen unverlötet, zusammengekniffen, unisoliert oder schlecht isoliert mit primitivsten Mitteln gelöst. Sämtliche Hilfsmittel, die irgendwann zwischen Leorando da Vinci und Giacomo Agostini erfunden wurden, waren am Start. Was uns unterhalb des Tachometerglases an Rost und Schlacke erwartet hat, kenne ich sonst auch nur von Bergungen versunkener Schiffswracke. Von einem gesamtheitlichen Kabelbaum blieb nur eine blasse Erinnerung!
Kabelbaum
Am Ende standen wir vor einem rostigen, in mehreren blautönen lackierten Blechwrack, Kabalsalat und einem Motor bei dem zumindest Vergaser und Getriebe Hoffnung machten.
Durchatmen und weitermachen, aber jetzt erst mal ein Grünerla`
Eure Mum
Bei mir war es nicht so schlimm, aber mein Teil wurde auch schon in Italien verpfuscht. Insbesondere das Lackieren in Italien ist ein Grauß.
Vermutlich am Strand nach gefühlt 20 Prosecco. Jeder bringt ne Spraydose mit…
@PK 50s: Das Lackieren ist eine Mentalitätsfrage. Der Italiener hat halt auch kein Salz auf der Straße weil er keinen richtigen Winter kennt. Das würdest Du in diesem Fall auch nicht anders machen.
Etwas Lack OK, aber den Rest der Finanzen lieber im Stranadkaffee mit einer hübschen Italienerin durchbringen!
Bei uns findest Du eine Schritt für Schritt Anleitung zum Vespa Lackieren.
Viel Erfolg!
Hier eine super bebilderte Anleitung zum Vespa lackieren / restaurieren: http://www.vespa-50.de/karosserie/lackaufbau.html
Servus, wie geht das Projekt weiter, sehr amusant bisher und ich habe ähnliche Probleme. Vespas aus Italien sind einfach oft verpfuscht haben aber zumindest wenig Rost.
Weiter so 🙂
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